Stand: Oktober 2025
Präambel
Dieses Positionspapier befindet sich in der Erarbeitungsphase und erhebt keinen Anspruch auf abschließende Vollständigkeit. Ziel ist es
Der Bundesvorstand lädt alle Mitglieder sowie interessierte Fachkreise ausdrücklich dazu ein, weitere Themen, Anmerkungen oder Erfahrungsberichte einzubringen, um die gemeinsame Positionierung weiterzuentwickeln und die Perspektive der Praxis in den politischen Diskurs einzubringen. Bitte nehmen Sie auch an der Umfrage Teil (wenn Sie in der Handelsgerichtsbarkeit aktiv sind): Zur UMFRAGE
1. Ausgangslage und Bedeutung der Handelsrichter
In Deutschland sind derzeit über 3.000 Handelsrichterinnen und Handelsrichter tätig. Ihre Berufung erfolgt auf Vorschlag der jeweils zuständigen Industrie- und Handelskammern (IHK).
Das Handelsrecht blickt auf eine jahrhundertelange Entwicklung zurück. Seine heutige Ausprägung geht im Wesentlichen auf den Beginn des 19. Jahrhunderts zurück.
Die Handelsrichter bringen in die Verfahren der Handelskammern praktische Erfahrung und wirtschaftliche Lebensnähe ein – ein zentraler Unterschied zur rein juristischen Perspektive.
Handelsrichterinnen und Handelsrichter sind aktive oder ehemalige Kaufleute, häufig in Funktionen als Geschäftsführerinnen, Geschäftsführer oder Prokuristinnen und Prokuristen. Sie verfügen über fundierte Kenntnisse des kaufmännischen Alltags und der etablierten Handelsbräuche. Dieses Erfahrungswissen ergänzt die juristische Betrachtung durch die Berufsrichter und ermöglicht eine ausgewogene, praxisnahe Entscheidungsfindung.
2. Ehrenamtliches Engagement und aktuelle Herausforderungen
Das Amt des Handelsrichters wird ehrenamtlich ausgeübt – aus Überzeugung und im Dienst der Rechtspflege. Eine monetäre Vergütung erfolgt nicht; lediglich Fahrt- und Parkkosten können auf Antrag erstattet werden.
Viele Handelsrichterinnen und Handelsrichter verzichten jedoch auf eine Erstattung, da die Antragsverfahren aufgrund des hohen Nachweis- und Bürokratieaufwands als unverhältnismäßig empfunden werden.
Die praktische und unternehmerische Erfahrung der Handelsrichter bietet die Chance, Verfahren lebensnah zu gestalten und die tatsächlichen wirtschaftlichen Interessen der Parteien besser zu erfassen. Besonders in Vergleichsverhandlungen trägt dies dazu bei, sachgerechte und nachhaltige Lösungen zu finden.
3. Gesetzliche Grundlage der Handelsgerichtsbarkeit
Die Handelsgerichtsbarkeit ist im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) fest verankert.
Nach § 105 GVG bestehen bei den Landgerichten Kammern für Handelssachen, die mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei ehrenamtlichen Handelsrichtern besetzt sind.
Diese Konstruktion bildet den gesetzlichen Rahmen für die Mitwirkung kaufmännischer Fachleute in gerichtlichen Verfahren.
(Quelle: § 105 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG)
Mit der Einführung sogenannter Spezialkammern in der Zivilgerichtsbarkeit seit 202X wurde die Handelsgerichtsbarkeit jedoch nur unzureichend berücksichtigt. Dies führt zunehmend zu einer Zersplitterung der Zuständigkeiten und zu einem „juristischen Wildwuchs“, der die ursprüngliche Intention der Handelsgerichtsbarkeit – die Verbindung von Recht und Wirtschaftspraxis – zu verdrängen droht.
4. Europäische Perspektive und internationale Vergleichbarkeit
Ein Blick in andere europäische Staaten – etwa Österreich, Belgien, Luxemburg, Frankreich oder die Schweiz – verdeutlicht, dass die Handelsgerichtsbarkeit dort als tragende Säule einer funktionierenden Wirtschaft gilt.
Diese Länder setzen bewusst auf die fachliche Beteiligung wirtschaftlicher Praktiker in gerichtlichen Verfahren, um die Rechtsprechung stärker an der Realität des Handelslebens auszurichten.
Deutschland sollte sich an diesen erfolgreichen Modellen orientieren und die eigene Handelsgerichtsbarkeit konsequent weiterentwickeln.
5. Handlungsempfehlungen und politische Forderungen
Zur Stärkung der Handelsgerichtsbarkeit in Deutschland werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:
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Einführung internationaler Handelsgerichte
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Verfahren in englischer Sprache an ausgewählten Landgerichten ermöglichen.
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Sicherstellung, dass in diesen Kammern auch Handelsrichterinnen und Handelsrichter mitwirken, um internationale Wirtschaftspraxis angemessen abzubilden.
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Erweiterte Einbindung von Handelsrichtern in komplexe Verfahren
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Gesetzliche Anpassungen, damit Handelsrichter auch in wirtschaftlich oder technisch anspruchsvollen Verfahren mitentscheiden können.
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Berücksichtigung bei Mediationsverfahren
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Möglichkeit schaffen, Handelsrichterinnen und Handelsrichter nach entsprechender Zusatzausbildung als Mediatoren einzusetzen, um das Rechtssystem zu entlasten.
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Pauschalierte Aufwandserstattung
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Einführung einer automatischen pauschalen Entschädigung pro Einsatztag, um das Ehrenamt zu vereinfachen und unnötige Bürokratie abzubauen.
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6. Ausblick
Die Handelsgerichtsbarkeit bildet eine Brücke zwischen Recht und Wirtschaft. Sie trägt dazu bei, Vertrauen in die Justiz zu stärken und Entscheidungen zu fördern, die sowohl rechtlich fundiert als auch wirtschaftlich realistisch sind.
Diese Stärke gilt es zu bewahren und an die Anforderungen der modernen, internationalen Wirtschaft anzupassen.
Kontakt und Beteiligung
Dieses Papier versteht sich als Diskussionsgrundlage.
Mitglieder, Handelsrichterinnen und Handelsrichter sowie Interessierte sind herzlich eingeladen, weitere Themenvorschläge, Praxisberichte oder Positionen an den Bundesvorstand zu richten, um die Weiterentwicklung dieses Positionspapiers aktiv mitzugestalten.